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Auschwitz

Lorenz Frank

Die Verbrechen mit dem Code-Wort ›Auschwitz‹ waren sichtbar – aller Leugnung zum Trotz. Die zivilen Helfer standen in Erfurt an ihren Zeichenmaschinen und haben in Auschwitz gesehen, wozu ihre Konstruktionen gebraucht wurden. In einer neuen Wanderausstellung ist die Zeichenmaschine Grundlage für die Formgebung. Ein Mordwerkzeug aus Stahl.

Theodor Adornos Satz »Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch« behauptet das Scheitern von Kunst und Kultur gegenüber den Verbrechen. Danach wäre jede Anstrengung müßig, ja, würde sich verbieten, mit Mitteln der Gestaltung auf die Verbrechen hinzuweisen. Für Paul Celan kam Adornos Verdikt zu spät. Er hat seine Todesfuge 1944/45 geschrieben und 1947 veröffentlicht. Die paradoxen Chiffren »schwarze Milch der Frühe« und das »Grab in den Lüften« deuten die historischen Ereignisse nur an und sind stärker als Beschreibungen.

Aber wie sonst soll eine Mitteilung, etwas Sichtbares, ein Plakat formuliert werden, das auf die Verbrechen hinweist? Kognitive Dissonanz? Nach den Gestaltgesetzen können wir ohnehin unserer Wahrnehmung nicht davonlaufen. Die Gesetzmäßigkeiten und damit die Wirkung liegen im Vorbewussten und sind unabhängig vom Inhalt. Wie sollte das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin geformt, gestaltet werden, wenn nicht mit den Ausdrucksmitteln, die wir nach wie vor verstehen: Form, Farbe, oben/unten, hell/dunkel, Rhythmus? Oder, auf die Typografie bezogen, Carl Dair’s 7 Contrasts: Structure, Texture, Colour, Direction, Form, Size, Weight. The impact derives not from the fact that the unexpected happens, but rather that the expected does not happen”, ist der entscheidende Satz für wirksame Kommunikation, was Kurt Schwitters in seinen Thesen zur Typographie so ausgedrückt hat: »Über Typografie lassen sich unzählige Gesetze schreiben. Das Wichtigste ist: Mach es niemals so, wie es jemand vor dir gemacht hat. Oder man kann auch sagen: Mach es stets anders, als es die anderen machen.«

Zugegeben – ein Zufall. Die Brüche und Schnitte stehen quer zu der gewohnten Erinnerungskultur. Ein Schrei. Das unerwartete Himmelblau ist eine Erinnerung an das »Grab in den Lüften« in Paul Celans Todesfuge.