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Funktional. Nachhaltig. Schön.

Gerd Fleischmann

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Gasbetriebene Gas- oder Kerzen-Anzünder. Welchem würde in einem Greiftest der Vorzug gegeben?

Andrea Palladio fordert im ersten Kapitel des ersten Buches seiner Quattro libri dell’architettura (Venedig 1570): »Bei jedem Bau sollen, wie Vitruv lehrt, drei Dinge beachtet werden, ohne die ein Gebäude kein Lob verdient. Diese drei Dinge sind: der Nutzen oder die Annehmlichkeit, die Dauerhaftigkeit und die Schönheit. […] Annehmlichkeit erzielt man, wenn jedem Teil der ihm angemessene Ort und die Lage zugeteilt werden, die weder geringer sein dürfen, als es seine Würde verlangt, noch größer als es seinem Gebrauch zukommt. […]

Dauerhaftigkeit wird dadurch erreicht, dass man alle Mauern lotrecht errichtet, sie unten breiter als oben macht und mit guten und ausreichenden Fundamenten versieht. Darüber hinaus müssen die Säulen genau übereinander stehen und ebenso alle Öffnungen wie Türen und Fenster, damit Gemauertes über Gemauertem und Leeres über Leerem zu stehen kommt.

Schönheit entspringt der schönen Form und der Entsprechung des Ganzen mit den Einzelteilen, wie der Entsprechung der Teile untereinander und dieser wieder zum Ganzen, so dass das Gebäude wie ein einheitlicher und vollkommener Körper erscheint.«

Das gilt für jedes Ding: Es muss funktional, nachhaltig und schön sein. Funktional heißt dabei soviel wie: Es erfüllt seinen Zweck, ist gut zu gebrauchen und im Gebrauch angenehm. Um nachhaltig zu sein, muss ein Ding vor allem lange halten und nicht auf Versagen kurz nach der Garantiezeit gebaut sein, wie die immer wieder zitierten Milchschäumer. Schönheit ist zunächst eine Formfrage, hängt aber immer mit dem Gebrauch zusammen. Eine Treppe etwa ist erst wirklich schön, wenn sie auch angenehm und sicher zu begehen ist. Was für die Dinge gilt, sollte auch jede Gestaltung erfüllen.

Mit beiden gasbetriebenen Anzündern auf dem Bild, links Premium Stabfeuerzeug Metall 18 cm [Länge bzw. Höhe] von Relaxdays  in schwarz, rechts Bengt Ek 99 Kerzen-Feuerzeug, schwarz von Bengt Ek lässt sich Feuer machen. Auf den ersten Blick jedoch sehen sie wie Gegenstände aus verschiedenen Kategorien aus. Der linke erinnert eher an ein Schreibwerkzeug. Oben und unten ist auch schnell vertauscht, wenn man ihn aus der Schublade nimmt. Der rechte dagegen ›sagt‹ auf den ersten Blick, wo oben und unten und was zu tun ist, umso mehr, wenn man ihn an dem gummibeschichteten Griff anfasst. Dazu kommt, dass dieser mit dem frechen Auge im Griffbereich rutschfest ist, während der linke durchgehend die gleiche glatte Oberfläche aus pulverbeschichtetem Stahlblech hat. Nachhaltig aber ist keiner von beiden, da immer wieder Gas nachgefüllt und nachgekauft werden muss. Die Kartusche ist Müll. Schön? Der rechte ›spricht‹, die beiden Zonen sind etwa gleich hoch, der Feuerstab rund, der Griff flach elliptisch, der Knopf gedrungen elliptisch und auch leicht konkav gewölbt. Dazu hat er feine Noppen gegenüber der einfachen Riffelung des linken. Im Greiftest gewinnt er immer, weil er gegliedert ist, Tank und zugleich Griff, ein beruhigend weit entfernter Flammenaustritt am Ende des schlanken Aktionsstabes, unmittelbar zu erleben, bevor überhaupt eine Flamme zu sehen ist und ein eindeutiges und durch die Farbe einladendes Bedienelement.

Orange werden eine Reihe positiver Wirkungen und Bedeutungen zugeschrieben.

Warum nicht einfach die gewohnten Streichhölzer nehmen? Keine Raubbau. Kein Nachfüllen. Kein Abfall. Kaum Kosten – und das Geschick bleibt in den Fingern.