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FestspielGesundheitsTourismusAutomat

Gerd Fleischmann

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Ein neues Tourismus- und Gesundheitsangebot in M-V: Zigaretten auf der grünen Wiese?

Auch, wenn die Studie umstritten ist: Ein Raucher wie der Sänger Udo Lindenberg verursacht Kosten in Höhe von durchschnittlich 90 483 Euro, eine Raucherin sogar 529 481 Euro.

Das aber ist wahr (politisch): Mecklenburg-Vorpommern hat sich zum Ziel gesetzt, Gesundheitsland Nr. 1 in Deutschland zu werden. Zwischen Ahlbeck und Zarrentin gibt es vielfältige Angebote in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Entspannung, Früherkennung, Medical Wellness, asiatische und europäische Komplementärmedizin und Anti Ageing zu entdecken. Nun auch das Gegenteil. Na bitte.

Das Amt Seenlandschaft Waren, das nach der Kreisreform im neuen Landkreis Mecklenburgische Seenplatte aufgegangen ist, hatte 2012 die »Erarbeitung einer umfangreichen Fremdenverkehrskonzeption zwischen Müritz und Malchiner See im Bereich des Amtes Seenlandschaft Waren für die Gemeinden Moltzow und Schwinkendorf« in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse bis heute nicht sichtbar sind. Schwinkendorf als Gemeinde gibt es inzwischen nicht mehr. In Moltzow war es nicht einmal möglich, für die Ortsdurchfahrt Ulrichshusen den Wunsch nach Geschwindigkeitsbeschränkung auf 20 km/h für PKW und 10 km/h für Fahrzeuge über 7 t als Teil der Konzeption, die inzwischen »Tourismuskonzept« heißt, einzubringen. Das Mecklenburger Pflaster der Ortsdurchfahrt ist inzwischen ruiniert.

Schloss Ulrichshusen wird als »Einzigartige Spielstätte« apostrophiert. Das Titelbild des Tagesspiegel von Pfingsten 2015 zeigt den Blick auf das Schloss über den Burggraben mit Seerosen und Schilf aus der Website der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Das Bild ist auch der Aufmacher für Juni—Juli im Programmheft. Nun wurde dem Ensemble mit der unfertigen und kaum genutzten ›Pergola‹ und der im Rohbau dahindämmernden zweiten Scheune / Bullenstall / Orangerie / Museum neben der Konzertscheune eine einbeinige bunte Kiste zugefügt, die von Weitem ein Grafitto vermuten lässt: »tobaccoland Automatennummer 640879«. Zigaretten auf der grünen Wiese am Rand des Festspiel-Areals.

Die ›Tarnung‹ soll wohl Sprayer abschrecken. Die Montagehöhe und die Alterskontrolle über Personalausweis (alt und neu) erlauben zumindest Kindern nicht, sich Zigaretten zu ziehen. Die Kiste steht von morgens bis abends in der prallen Sonne und wirft ihren Schatten gegen die Linde daneben. Wer wird das Angebot nutzen? Für wen soll sich das auszahlen? Platz zum Anhalten wäre genug. Auch mit laufendem Motor, das Auto schräg zum Hang abgestellt. Gesundheit in der dritten Potenz. Aber kommt jemand aus dem Restaurant, um sich seine ›Sargnägel‹ hier zu ziehen? Erwarten die Konzertgäste im meist reiferen Alter und wohlsituiert dieses Angebot? Oder geht es dem Automaten am Ende so, wie den Kupferdachrinnen an der Konzertscheune und den bis vor kurzem nicht ersetzten Abdeckungen der Gehwegbeleuchtung rund ums Schloss? Genug Geld und Zigaretten, die einen Bruch lukrativ erscheinen ließen, dürften nicht drin sein. Der Schrottwert lohnt den Lärm nicht. Denkmalsch(m)utz?

Nachtrag: In der Ausgabe vom 30. Mai 2015 gibt Der Tagesspiegel Zahlen an. 2013 sind in Deutschland 46.332 Menschen an Krebserkrankungen gestorben, die Ärzte als Folge des Rauchens sehen. Davon waren 15.370 Frauen. Neben Lungen- und Bronchialkrebs sind auch Kehlkopf- und Luftröhrenkrebs Folgen des Tabakkonsums. Der Automat ist unschuldig!?